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Eindrücke von der Nationalfeier in Dresden

2000 erlebte ich zum 10.Jahrestag der Wiedervereinigung die Einheitsfeier in Dresden. Schon damals mit Kurt Biedenkopf eine herausragende Performance in der deutschen Kulturstadt. Auf dem Theaterplatz Informationsstände und die Fahnen der Sponsoren. Sanfte Werbung vor der Semperoper. Der Ministerpräsident ließ das laute Volksfest in der Stadt zu. Auf dem Theaterplatz hielt er dagegen den Daumen drauf. Hier sollte die kulturelle Sonderzone nicht durch allzu Lautes und Marktschreierisches gestört werden.

Der ökumenische Gottesdienst fand noch in der katholischen Hofkirche statt, die Frauenkirche harrte noch ihres Wiederaufbaus. Die Ehrengäste hatten einen kurzen Fußweg von der Kirche zum Festakt in der Semperoper. Gesehen auch die US-Außenministerin Albright an der Seite ihres deutschen Kollegen Josef Martin ("Joschka") Fischer.

Heute wieder eine eindrucksvolle Feier, nach 16 Jahren zum zweiten Mal in Dresden, der Partnerstadt von Hamburg.

Was für ein Gottesdienst in der Frauenkirche zu Dresden! Was für ein Festakt in der Semperoper. Es zeigt sich, dass eine schwierige politische Situation auch etwas Gutes hat. Vorbei die langsam einkehrende Routine vergangener Jahre und nun diese Reden. Allen voran Norbert Lammert. Was sich hier an Geist und Politik vereint und was wir angesichts zunehmend weichgepülter Sprachlosigkeit brauchen. Der Bundestagspräsident stellt in dieser Hinsicht sogar den Bundespräsidenten in den Schatten, von dem in der Königsloge hinter ihm sitzenden Vorgänger ganz zu schweigen. Eine solch rhetorisch und inhaltlich begabte Klammer brauchen wir Deutschen mehr denn je. Norbert Lammert als Staatsoberhaupt, das wäre was!  

Wenn man diese Live-Berichterstattung über den Nationalfeiertag in Dresden im ZDF und der ARD verfolgt hat, fällt einem schon die Diskrepanz im Vergleich mit der nachträglichen Berichterstattung auf. Plötzlich spielen nicht die Ehrengäste, die Stadtbevölkerung und die 750 000 friedlichen Besucher, sondern 100 Schreihälse die Hauptrolle. In anderer Richtung wird ständig vor Pauschalierung gewarnt, hier gehört sie in den Medien auch heute zum ständig bemühten Bild über Dresden, Sachsen und die ostdeutschen Bundesländer.

Ein Strickmuster, das früher dem Boulevard, allen voran BILD, vorgeworfen wurde, hat jetzt auch die öffentlich-rechtlichen ergriffen. Da Live-Berichte die Ausnahme sind und die Mehrheit der Bevölkerung nicht erreichen, kann man sich ausmalen, welche Eindrücke in die Köpfe transportiert werden (sollen?).

 
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