MüMis Bloghouse

Die große Verunsicherung wird bleiben

Das eherne Gesetz von Wahlentscheidungen, dass die wirtschaftliche Lage der Mehrheit den Ausschlag gibt, hat auch am 24. September 2017 seine Gültigkeit behalten. Eine hohe Beschäftigungslage bei befriedigendem Wachstum, sicheren Einkommen und positiven Wirtschaftsaussichten für die unmittelbare Zukunft sind die entscheidenden Garanten dafür, dass es keinen Personalwechsel an der Spitze des Bundeskanzleramtes geben wird.

Indessen wäre die Annahme verfehlt, dass damit von stabilen politischen Verhältnissen in der kommenden Legislaturperiode auszugehen wäre. Unter der Oberfläche einer Wirtschaftsblüte, die ihren Höhenflug vor allem weitsichtigen Weichenstellungen aus der Endphase der Regierung Schröder verdankt, rumort es an zu vielen Ecken im Gemäuer und knarzt es an zu vielen Stellen im Gebälk des Staates, als dass man unbesorgt in die Zukunft blicken könnte. Es sind nicht leichtfertige Emotionen, es sind seriöse Expertisen, die alarmierende Fehlentwicklungen in den wichtigsten strategischen Bereichen der deutschen Politik belegen.

• In der Währungs- und Geldpolitik ist Deutschland, ohne dass die Bundesregierung auch nur den Versuch einer Gegenwehr unternommen hätte, einem Wirtschaftskrieg ausgeliefert, mit dem der deutsche Sparer vom ehemaligen Goldman Sachs-Manager und jetzigen EZB-Präsidenten Mario Draghi qua brachialer Nullzinspolitik gezwungen wird, sich an der Finanzierung der Hochverschuldung sowohl der USA (Irak-Krieg etc.) als auch südeuropäischer EU-Mitgliedsländer wie Italien zu beteiligen und damit sowohl die Soziale Marktwirtschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern als auch die Stabilität des Euro aufs Spiel zu setzen.

• In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik besteht die gravierende Aufgabe, die für den Ernstfall zur Zeit nicht gegebene Einsatzbereitschaft der Bundeswehr überhaupt erst wieder herzustellen und die fahrlässige Aussetzung der Wehrpflicht wieder aufzuheben.

• In der Europapolitik geht es nicht nur darum, die durch die arrogante deutsche Migrationspolitik verursachte Spaltung und politische Lähmung der EU endlich zu beenden, sondern darüber hinaus den autokratischen Zentralisierungsbestrebungen der EU-Kommission ein den deutschen Interessen genügendes Konzept gleichberechtigter Multilateralität und Subsidiarität entgegenzustellen.

• In der Industriepolitik geht es zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht nur um eine Revision der auf illusionäre Abwege geratenen Energiepolitik sondern auch um eine die internationale Wettbewerbsfähigkeit wahrende Adjustierung allzu fundamentalistischer ökologischer Gängelung, vor allem in der Automobilindustrie.

• In der Technologiepolitik ist Deutschland als klassischer Vorreiter des technischen Fortschritts bei der Digitalisierung durch mangelnde politische Anreize sowohl im wirtschaftlichen Mittelstand wie im privaten Sektor außerhalb der Ballungsräume ins Hintertreffen geraten und bedarf dringender Impulse, um diesen empfindlichen selbstverschuldeten Wettbewerbsnachteil zu beheben.

• Im Bereich der Bildungspolitik hätte die von den Siegermächten des Weltkriegs auferlegte Regionalisierung des Schulwesens von einer selbstbewussten deutschen Bundesregierung schon längst aufgegeben werden müssen, um wieder an Traditionen des Lehrens und Lernens anzuknüpfen, als das „Land der Dichter und Denker“ mit seinen Bildungsidealen noch Vorbild für weite Teile der Welt war.

• Aktueller Handlungsbedarf besteht schließlich vor allem auf dem Feld der Migrationspolitik, die trotz aller regierungsseitigen Bemühungen, dieses Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten, umso stärker in den Mittelpunkt der parteipolitischen Auseinandersetzungen geriet. Wenn die Demokratie im Nachkriegsdeutschland jemals die Probe auf Eignung für bürgernahen Diskurs sowie auf politische Einbindung der Basis bestanden hat, dann ist dies beim Entstehen einer Partei der Fall gewesen, mit deren Einzug in den Deutschen Bundestag die parlamentarische Debatte hoffentlich wieder den Stellenwert bekommt, den sie in alten Zeiten gehabt hat und unter der präsidialdemokratischen Herrschaft der Kanzlerin Merkel so lange vermissen ließ.

Vor allem wird es in der Migrationsdebatte darum gehen, die Unverhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes bei den Integrationsbemühungen wieder ins rechte Lot zu bringen und den Illusionismus der bisherigen Migrationspolitik durch einen pragmatischen, den Interessen der Bürger dieses Landes dienenden Ansatz zu ersetzen. Wenn ein seit zwei Jahren laufendes Integrationsprojekt des Hamburger Senats, das sich zum Ziel gesetzt hatte, 1068 Asylbewerber als Projektteilnehmer in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen, bis zum September 2017 nur 15 erfolgreiche Abschlüsse erbrachte, sagt das Ergebnis mehr als hundert Seiten lange Studien über die Fragwürdigkeit manchen Integrationsaktionismus aus, auch wenn in vielen anderen Fällen positive Resultate zu vermelden sein mögen. Unterm Strich wird das Migrationsthema wegen der unmittelbaren täglichen Betroffenheit von Millionen von Bürgern von den negativen Begleiterscheinungen dieses in der modernen Demographiegeschichte einmaligen Vorgangs an der Spitze der aktuellen politischen Agenda bleiben.

Die starke Verunsicherung, die einen Großteil der Bevölkerung seit dem Herbst 2015 erfasst hat und die mit entsprechendem Druck die innenpolitische Auseinandersetzung auch weiterhin bestimmen wird, ist zwar zum größten Teil der Angst vor einem nur unterbrochenen Ansturm der Migranten zuzuschreiben. Dahinter verbirgt sich aber die Furcht vor latenter Terrorgefahr, die oft genug durch die nicht abreißenden Anschläge quer durch Europa immer wieder neue Nahrung erfährt. Nicht zu vernachlässigen ist das ständige Ärgernis ungehobelten und provozierenden Verhaltens meist jüngerer Migrantengruppen im öffentlichen Raum, die den Einheimischen das Gefühl vermitteln, statt in gewohnten Lebensumständen beheimatet fremdartiger Belästigung ausgeliefert zu sein.

Hier kommt das Problem gespaltener Wahrnehmung hinzu, da diesen Zumutungen nur die unmittelbar Betroffenen in bestimmten Stadtteilen und U-Bahnlinien in Ballungsräumen ausgesetzt sind, während ein Großteil der Bevölkerung, geschweige denn die für diese Zustände verantwortlichen Politiker in ihren wohltemperierten Limousinen von diesen Dauerbelästigungen gar nichts mitbekommen. Das führt schließlich zu dem Zwiespalt von Unbehagen bei den Betroffenen einerseits und Unverständnis bei den Nichtbetroffenen andererseits, der sich zu jenen Dauerzerwürfnissen ausgeweitet hat, die unsere Gesellschaft in der Flüchtlingsfrage bis in die Familienverbände und Freundeskreise hinein in Unfrieden gestürzt hat. Nicht unbeteiligt am Befeuern dieses Meinungsstreits sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, die sich in etlichen ihrer politischen Formate mit Parteilichkeit und meinungspolizeilicher Attitüde hervortun. Man steht nicht selten unter dem Eindruck, dass es den Redakteuren und Moderatoren statt um Aufklärung um das Durchpeitschen eigener politischer Vorstellungen geht.

Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle die Studie von Thilo Sarrazin zitiert, nach der bei über einer Million Entscheidungen über Asylanträge, die von 2007 bis 2016 getroffen wurden, lediglich in weniger als 1 Prozent aller Fälle das Recht auf politisches Asyl gem. Art. 16a GG zugesprochen wurde. Es ist ein der Schildbürgerei verhaftetes Staatsverständnis, die eigenen Grenzen für obsolet zu erklären und jeden der will hereinzulassen, um dann mit dem Einsatz des gesamten Staatsapparats (der eigentlich für die dringenden Anliegen der Staatsbürger da ist) aus den 100 Prozent Zugewanderten das eine Prozent berechtigter Asylanten herauszufiltern – und dann auch noch die aussortierten 99 Prozent Abgewiesener unter Berufung auf einen „Humanitären Imperativ“ weiterhin im Lande zu belassen – zur Dauerbelastung einer Staatskasse, die für eine gleiche freigiebige Unterstützung von unterprivilegierten einheimischen Gruppen nicht zur Verfügung steht.

Dass man sich der Sache auch mit ganz normaler Staats- und Rechtsauffassung hätte annehmen können, zeigt dieser Auszug aus einem Parteitagsprotokoll: „Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit (…). Deshalb werden wir auch weiterhin eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern.“

Was sich für politisch korrekt eingestellte Ohren wie ein Statement von Frauke Petry auf dem AfD-Parteitag anhört, ist tatsächlich eine Standortbestimmung der CDU, wörtlich zitiert nach dem Parteitagsprotokoll des CDU-Parteitags 2003 in Leipzig, aus der Rede der Parteivorsitzenden Angela Merkel. Es ist kein Wunder, dass der 180-Grad-Schwenk der Bundesregierung bei der Adressierung der Flüchtlingskrise zu einer sowohl innen- wie außenpolitischen Zerreißprobe geführt hat. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen empfindet die unkontrollierte Invasion Hunderttausender Fremder mit überwiegend muslimischer Religion, verbunden mit der Aufforderung, sie als „Neubürger“ zu begrüßen, nach wie vor als Nötigung, zumal sich die Befürchtungen eines damit einhergehenden Kriminalitätsimports und einer leichtfertigen Zulassung terroristischer Gefährdung inzwischen bitter bestätigt haben.

Wie zur Zerrissenheit im Innern hat der Bruch mit rechtsstaatlicher Praxis zu einer Isolierung Deutschlands in der Europäischen Union geführt, die ihren heftigsten Ausdruck im Brexit der Briten gefunden hat. Entgegen der Regierungspropaganda, die anderes vorgibt, geht die Ablehnungsfront innerhalb der EU weit über die osteuropäischen Mitgliedsstaaten hinaus, wobei die jüngsten polnischen Reparationsforderungen als ein dem Brexit ähnlicher Reflex auf die herrschsüchtige deutsche Vorgehensweise in der Flüchtlingspolitik betrachtet werden können. Bis auf die Beneluxländer und die von den Migranten-Anlandungen unmittelbar betroffenen Küstenländer Italien und Griechenland, die zu Recht aber vergeblich solidarische Unterstützung von ihren europäischen Nachbarn fordern, besteht unter den übrigen EU-Mitgliedern kaum Bereitschaft, dem deutschen Beispiel einer Zulassung sich ausbreitender orientalischer und afrikanischer Parallelgesellschaften mit der Übernahme sich dynamisch aufbauender Soziallasten zu folgen.

Der regierungsfreundliche Medienverbund vermeidet es, die eigentlichen Anreizfaktoren für den zur Zeit vor allem aus Afrika kommenden Migrantenzustrom beim Namen zu nennen. Der unsichtbare, aber gleichwohl wirkungsmächtige Motor der Schleusung über das Mittelmeer ist das europäisch-afrikanische Wohlstands- und Währungsgefälle. Da jeder von Europa nach Afrika überwiesene Euro in afrikanische Heimatwährungen umgerechnet einen im Durchschnitt um das zehnfache höheren Betrag ergibt, ist der Anreiz enorm, in der deutschen und europäischen Fremde im Wege von Beschaffungskriminalität, Drogenhandel und Sozialbetrug möglichst hohe Euroeinnahmen zu generieren. Ein von entsprechendem staatlichen Willen getragenes Grenzregime, das illegale Zuwanderung unterbindet statt sie mit bedingungslos feilgebotenen Sozialleistungen und missbräuchlich ausgelobter Asylgewährung für jedermann anzulocken, könnte ein wirksamer Beitrag zur Lösung des Problems sein.

 
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