MüMis Bloghouse

Internationale Kontingentierung und Vorverlagerung des Grenzregimes

Voll inhaltlich stimme ich der Positionierung von FAZ-Leser Horst Prießnitz zur Flüchtlings- und Asylantenfrage zu. Besonders gelungen finde ich seine Charakterisierung der FAZ als „mentalen Rettungsanker“ in der öffentlichen Berichterstattung. Den aufgeführten FAZ-Autoren, denen in diesem Zusammenhang besonders zu danken ist, wäre neben weiteren anderen auch Jasper von Altenbockum hinzuzufügen. Da ich seit je dem Leserkreis zugehöre, der die tägliche Lektüre der FAZ mit den Briefen an die Herausgeber beginnt, möchte ich in diese Anerkennung auch die Leserbriefredaktion Ihrer Zeitung einbeziehen. Und da ich seit Jahrzehnten jeden Tag, selektiv, versteht sich, mindestens fünf Zeitungen lese, erlaube ich mir, die Vermutung zu äußern, dass es um das geistige Klima und das Freiheitsempfinden in unserem Land prekärer bestellt wäre, wenn es die FAZ nicht gäbe.

Eine gewisse Gleichschaltung vor allem der öffentlich-rechtlichen Medien in der Meinungsbildung, die seit der Wiedervereinigung bei bestimmten Themen zu linkslastiger Meinungsregulierung tendiert, stößt jedenfalls für viele an Grenzen der Zumutbarkeit. Als Beleg sei nur auf die Schlagseite bei der Zusammensetzung einschlägiger TV-Talkrunden nach Befürwortern und Gegnern der von den Sendeanstalten über ihre Moderator(inn)en vertretenen Positionierungen hingewiesen. Verstörend ist dabei immer wieder der Eindruck, dass die Kontrollorgane weder von der ARD noch vom ZDF mit der gebotenen Sensibilität und Ausgewogenheit zu Werke gehen, wenn in diesen Sendungen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung allzu enge Zügel angelegt werden, will heißen, die unsägliche Faschismuskeule geschwungen wird.

Die jüngste Mahnung des Bundespräsidenten zu mehr Diskursdisziplin im Ausfechten unterschiedlicher Auffassungen in der Flüchtlingsfrage war von daher überfällig. Die Frage ist allerdings, ob die Autorität des Bundespräsidenten ausreicht, die zum Teil in Gesinnungsterror und Volksverhetzung ausartenden Debattenbeiträge einiger Protagonisten mit einer Befriedungsgeste aus der Welt zu schaffen. Schließlich werden die Anreize und Anlässe für heiße und unappetitliche Auseinandersetzungen mit den sich täglich steigernden Bedrängnissen immer wieder neuer Asylantenschübe eher wachsen als abnehmen.

Daher wird zum Erhalt des sozialen Friedens im Innern aber auch zur Wiedergewinnung des politischen Zusammenhalts in der EU kein Weg daran vorbeiführen, die bisher im deutschen Alleingang verfolgte und zum Scheitern verurteilte „Strategie der offenen Grenzen“ durch ein in das europäische Gemeinschaftsinteresse eingebettetes „Internationales Kontingentierungsregime“ unter Einschluss außereuropäischer Staaten wie USA, Kanada und Russland sowie des arabischen Raumes abzulösen und zu diesem Zweck die Grenzsicherung an die türkischen und nordafrikanischen Küstenlinien vor zu verlagern.

Durch Beschluss des UN-Sicherheitsrats wäre einem zügig aufzubauenden EU-Flüchtlingskommissariat in enger Kooperation mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und den entsprechenden Einrichtungen der genannten Länder der Auftrag zuzuweisen, das Internationale Flüchtlingskontingentierungsprojekt umgehend in Angriff zu nehmen. Ziel wäre es, die ungeordneten Flüchtlingsströme aus bestehenden Camps im Libanon, in Jordanien und in der Türkei sowie aus neu zu errichtenden Sammellagern, etwa in Libyen, einer planmäßigen Verteilung in die zur Aufnahme bereiten Länder zuzuführen. Durch ein UN-gesteuertes Grenzsicherungsregime an den Mittelmeerküsten der Türkei und Libyens wäre zugleich den in der Region ihr Unwesen treibenden Menschenhändlerringen das Handwerk zu legen.

Erschienen in der FAZ vom 2. Oktober 2015 auf der Seite "Briefe an die Herausgeber"

 

 
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