Zum Konzept des Buches:

Anliegen des Buches ist es, nach dem Scheitern bisheriger Politikansätze unkonventionelle Lösungswege für die Überwindung der Strukturkrise in Wirtschaft und Gesellschaft aufzuzeigen.

Es werden Gegenkonzepte zu den strategischen Reformfeldern der Agenda 2010 vorgelegt, wobei statt der dort tonangebenden sozialbürokratischen Linie zu folgen, ein Reformverbundkonzept nach den Regeln der Sozialen Marktwirtschaft „aus einem Guss“ entwickelt wird: Für Arbeitsmarkt und Sozialsysteme, Gesundheit und Bildung sowie Alterssicherung und Steuern.

Meine Arbeitshypothese ist, dass die ausbleibenden Erfolge der bisherigen politischen Bemühungen einer unzureichenden Ursachenanalyse zuzuschreiben sind. Eine heilende Wurzelbehandlung ist erst möglich, wenn die Entzündungsherde unserer wirtschaftlichen und sozialen Misere nicht länger mit Tabus verschleiert, sondern mit Mut zur Wahrheit offengelegt werden. Erst dann werden die Lösungsansätze, die in vielen Fällen durchaus in eine richtige Richtung weisen, nicht mehr wie bisher im Kurieren an Symptomen hängen bleiben.

Bei dem hier vorgeschlagenen Reformkonzept geht es nicht darum, die soziale Sicherung der Bürger zu untergraben, sondern sie durch Freisetzung eigenwirtschaftlicher Potenziale soweit von staatlichen Transferleistungen abzukoppeln, dass der Weg für eine Umsteuerung der Staatsfinanzen von Staatsschuldvermehrung über Haushaltskonsolidierung zu Schuldenabbau in Richtung einer Staatsquote von 40 Prozent geöffnet wird. Erst dadurch wird, wie in den Reformländern unserer europäischen Nachbarschaft mit Erfolg praktiziert, die Initialzündung für mehr Wachstum und Beschäftigung gegeben.

Das Buch unterscheidet sich von den in großer Zahl vorliegenden Veröffentlichungen zur Reformpolitik im wesentlichen in drei Punkten:

  • Im methodischen Ansatz: Der herkömmlichen Wirtschaftstheorie liegen Erklärungsmodelle zugrunde, die sich an frühindustriellen Verhältnissen des Wirtschaftslebens herausgebildet haben. Daher ist das auf ihnen beruhende Politikmanagement nicht länger geeignet, die völlig anders gearteten Wertschöpfungsprozesse in der heutigen Wirtschaft zu mehr Wachstum, Einkommen und Beschäftigung zu führen. In der Erkenntnis, dass der Misserfolg bisheriger Reformbemühungen nicht zuletzt in anachronistischer Anwendung überholter Dogmen auf die grundlegend gewandelten Wirtschaftsverhältnisse und Arbeitsbedingungen unserer Zeit begründet ist, wird der eigentliche Schlüssel zur Krisenbewältigung gesehen.
  • Im konsensualen Ansatz des Politikdiskurses: Weder Gewerkschaftsmacht noch Gewinnstreben der Wirtschaftsunternehmen sind für die Krise ursächlich. Es sind die in beiden Lagern bestehenden Erkenntnisdefizite, die in einem zugleich um Sozialkonsens und Offenheit bemühten Diskurs aufzudecken sind, bei gegenseitiger Anerkennung der Rollen, die beide Seiten zur gemeinsamen Lösung der Probleme spielen müssen.
  • In bildhafter Sprache von Problemanalyse und Vermittlung der Lösungsansätze, was angesichts der Kompliziertheit der behandelten Materie als unverzichtbares Stilmittel gesehen wird, wenn das in theoretischen Ableitungen ungeübte breite Publikum erreicht werden soll.

Zur Methode des Problemlösungsansatzes:
Durch Erweiterung der Problemfelder werden neue Problemlösungspotenziale erschlossen; innerhalb der Problemfelder kommt es zur Problemdifferenzierung, wie am Beispiel des Arbeitsmarktes zu zeigen ist. Es geht nicht um Arbeitslosigkeit schlechthin, sondern um

  • Regulierung des Niedriglohnsektors mit Hilfe des multiplen Dienstleistungsschecks
  • Öffnung der Arbeitsmärkte für mehr Beschäftigung in qualifizierter Facharbeit durch Tarifrechts- und Versicherungsreform; tarifvertragliche Überführung von beruflicher Weiterbildung in bezahlte berufliche Tätigkeit verbunden mit einer Umwidmung der Arbeitslosenversicherung in eine Berufliche Weiterbildungsversicherung; Initiative der deutschen Tarifvertragsparteien für einen EU-Tarifvertrag.
  • Abbau der Jugendarbeitslosigkeit durch Einführung einer ergänzenden Berufsvorbereitung für Hauptschulabgänger ohne Abschluss (Ausbildungswerkstätten für Praktische Berufe AfP).

Zum reformstrategischen Begriffsapparat:
Die wirtschafts- und sozialpolitischen Grundbegriffe wie Arbeit, Produktivität und Wirtschaftswachstum erfahren im Zuge der grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse einen Bedeutungswandel und erfordern eine inhaltliche Neudefinition, vor allem auch der Sozialbegriff (siehe dazu „Kein Mangel an Arbeit“ 1999: „Sozial ist, was Arbeit schafft und Alter sichert“, in verkürzter Form 2003 von Edmund Stoiber im bayerischen Landtagswahlkampf, später von Angela Merkel übernommen).

Zur Freilegung von Denkfallen im wirtschafts- und sozialpolitischen Diskurs:
Die Ableitung von Problemlösungsansätzen aus einer Ursachenanalyse des Reformstaus ermöglicht zugleich den Nachweis kognitiver Fehlschlüsse in der bisherigen Reformpolitik. So werden eine Reihe von Denkfallen freigelegt, denen etliche politische Entscheidungsträger und manche ihrer wissenschaftlichen Berater bei ihren erfolglosen Lösungsansätzen unterliegen (s. Roman Herzog 1997, als er von den „Scheinsachverständigen mit Doktortitel“ sprach).

Zur Finanzierung der Reform:
Viele Reformschritte, vor allem jene der ersten Stufe, sind ohne Rückgriff auf ohnehin nicht verfügbare staatliche Mittel realisierbar (siehe dazu auch Bundespräsident Horst Köhler in seiner März-Rede 2005 "Ordnung der Freiheit"). So finanziert sich die Regulierung des Niedriglohnsektors mit Hilfe des multiplen Dienstleistungsschecks aus sich heraus; der kritischste Problembereich des Arbeitsmarktes wird von einem der Schrittmacher des Haushaltsdefizits zum Impulsgeber für Einkommen, Kaufkraft und Wachstum. Die illegale Wertschöpfung in der "Schattenwirtschaft", die mit annähernd 400 Milliarden Euro fast 20 Prozent des Volkseinkommens entspricht, wird auf diese Weise in das legal abgerechnete Sozialprodukt überführt. Auch der kapitalgedeckte Sozialausgleich der Gesundheitsreform (Bundessondervermögen Nationale Gesundheitsvorsorge NGV) ermöglicht eine zugleich haushaltsneutrale und sozialverträgliche Abkoppelung der Versicherungsbeiträge von den Arbeitskosten und wird nebenher zum gesamtwirtschaftlichen Wachstumsmotor; ähnliche haushaltsneutrale Belebungseffekte werden durch eine bildungsökonomisch fixierte Reform der Hochschulausbildung und der Beruflichen Weiterbildung erschlossen.

Zu den zehn wichtigsten Reformprojekten:

  1. Auf Kapitalbildung für Private und mittelständische Wirtschaft fokussierte Steuerreform
  2. Tarifrechtsreform/Initiative der deutschen Tarifpartner für einen EU-Tarifvertrag
  3. Für qualifizierte Berufe: Verwebung von Arbeit und Weiterbildung/Berufliche Weiterbildung als bezahlte berufliche Tätigkeit
  4. Dazu: Umwandlung der Arbeitslosenversicherung in eine Berufliche Weiterbildungsversicherung
  5. Novellierung des Berufsbildungsrahmensgesetzes mit dem Ziel, die Reformen von Arbeitstarifrecht und beruflicher Weiterbildung zu einer zeitgemäßen Ausgestaltung der sozialen Sicherung zu verbinden
  6. Tarifvertragliche Flankierung beim Aufbau einer kapitalgedeckten zweiten Säule der Ruhestandsbezüge/obligatorische Investivlohnregelung
  7. Regulierung des Niedriglohnsektors über multiple Dienstleistungsschecks/ Vollzeiteinkommen für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse aus Mehrfachjobs mit „brutto gleich netto“-Effekt
  8. Überführung der Privathaushalte in den Status teilgewerblicher Dienstleistungsstätten; nach Haushaltseinkommen gestaffelte steuerliche Absetzbarkeit der Schecklöhne
  9. Auf diese Weise: Rückführung der „schattenwirtschaftlichen“ Wertschöpfung in offiziell abgerechnete Leistungsbeiträge zum Volkseinkommen (annähernd 400 Milliarden Euro p.a.)
  10. Gesundheitsreform
  • Reduzierung der Lohnnebenkosten durch Abkoppelung der Krankenkassenbeiträge von den Beschäftigungsverhältnissen
  • Übergang der Krankenversicherung auf das kapitalgedeckte Gesundheitsprämien-Modell nach dem holländischen „Baukastenverfahren“:
  • Obligatorische Standardversicherung für alle einschl. Beamte und Selbständige mit Wahlmöglichkeit für freiwillige Zusatzversicherungen
  • Finanzierung des sozialen Lastenausgleichs der Standardversicherung durch das Bundessondervermögen Nationale Gesundheitsvorsorge (NGV) sowie aus Reformgewinnen des Übergangs auf das Standardversicherungs-Modell.
 
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