Steuerreform soll Eigenverantwortung stärken

Die bisher nur zaghaft in Stellung gebrachte Steuerreform sollte auf Systemöffnung und Erweiterung ordnungspolitischer Spielräume angelegt sein. Zumal Wachstumsschwäche, Unterbeschäftigung und steigende Soziallasten zum Treibriemen einer galoppierenden Staatsverschuldung geworden sind, die Gefahr läuft, den Generationenvertrag außer Kraft zu setzten. Daher geht es bei den Postulaten der Vereinfachung des Steuerrechts und der Senkung der Steuersätze neben genereller Entlastung vor allem um die Freisetzung jener eigenwirtschaftlichen Kräfte, die bei zu hoher Besteuerung nicht zur Entfaltung kommen können.

Bei der Vermittlung der Reformziele sind es sowohl die bisherigen Bundesregierungen als auch beide Volksparteien schuldig geblieben, die Politik der Steuerentlastung in einen kausalen Zusammenhang mit der existenziell notwendigen Verbesserung der Kapitalausstattung mittelständischer Unternehmen sowie der Privathaushalte zu stellen. Wo Einkommensteuern zu hoch sind, wird die private Kapitalbildung für eigenverantwortliche Lebensgestaltung behindert. Wo Unternehmensgewinne über Gebühr weggesteuert werden, wird die Investitionskraft geschwächt und es verschwinden auch die Arbeitsplätze.

Ein weiteres Ziel der Steuerreform sollte auf Neuverteilung der Lasten zwischen den Generationen gerichtet sein. Indem die aktive Erwerbsgeneration ausreichend entlastet wird, erhält sie die Chance, ihre Lebensrisiken soweit wie möglich aus eigener Kraft beherrschbar zu machen. Was bisher im Umlageverfahren über die Rentenkassen beziehungsweise im Rückgriff auf Vater Staat reguliert wurde und wegen der demographischen Verwerfungen nicht mehr funktionieren kann, soll zukünftig ergänzend aus den Erträgen frühzeitig angesparten Kapitals bewältigt werden. Auf diese Weise wird statt Staatsschuldvermehrung zur Finanzierung einer ausufernden staatlichen Bürokratie die tendenzielle Umschichtung der öffentlichen Haushalte von konsumtiven Ausgaben zu zukunftssichernden Investitionen ermöglicht. Dabei stehen die Ziele einer auf Kapitalbildung fokussierten Steuerreform und einer von Abbau der Steuerlast bestimmten Wachstums- und Beschäftigungsstrategie wie zwei kommunizierende Röhren zueinander: Je nachhaltiger dem durch Hochbesteuerung bewirkten Substanzverzehr Einhalt geboten wird, desto stärker kommt dies dem Aufbau neuer Leistungskräfte bei Arbeitnehmern und Unternehmen zugute.

aus: Wolfgang Müller-Michaelis, Neue Wege zu mehr Beschäftigung, Resch-Verlag, Gräfelfing 2007

    

 

 
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