Mümis Bloghouse - Gäste Blog

Für einen fairen öffentlichen Diskurs über umstrittene Themen

Vorbemerkung der Redaktion:
Es häufen sich die Fälle, in denen der öffentliche Diskurs statt vom Austausch divergierender Argumente von der Verunglimpfung Andersdenkender bestimmt wird, gern auch mit den schon schablonenhaften Anwürfen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus. Dem stellt sich Dr. Henning Brandes, Hamburg, in seinem Leserbrief vom 21.9.2018 an die FAZ entgegen, den der dem Bloghouse zur weiteren Verbreitung zur Verfügung gestellt hat.

Als langjähriger Leser der FAZ bedanke ich mich zunächst dafür, dass Ihre Redaktion der kontroversen Diskussion um das neue Buch von Thilo Sarrazin „Feindliche Übernahme“ so breiten Raum gibt. Die Zuwanderung so vieler Muslime in den europäischen Raum und deren Folgen ist ein Thema, das nicht nur mich sondern viele Ihrer Leser beschäftigen dürfte. Einige andere Presseorgane bemühen sich ja, das Buch totzuschweigen.

Den Artikel von Rainer Hermann in der FAZ vom 31.8.2018 „Haarsträubendes zum Islam“ zum neuen Buch von Thilo Sarrazin empfand ich als rein polemische Abrechnung in einem mehr als besserwisserischen Ton des sicherlich profunden Islamkenners Hermann. Ich war enttäuscht. Denn dessen Hinweis auf Fehler im Text (Alevit statt Alavit) oder unkorrekte Jahreszahlen einiger zitierter historischer Ereignisse gehen doch an den Grundthesen von Sarrazin völlig vorbei. Wer würde denn bezweifeln, dass über Jahrhunderte die arabischen Wissenschaften der europäischen Geisteswelt weit überlegen waren. Das konnte ich bereits vor über 60 Jahren in einem humanistischen Gymnasium lernen. Die Geschichte des Islam hat doch zunächst einmal wenig mit dessen politischen Erscheinungsformen und Zielen in der Gegenwart zu tun. Eine Antwort darauf, was an der These von Sarrazin falsch sei, dass bereits die größere Geburtenrate zugewanderter muslimischer Frauen über mehrere Generationen hinweg dieses Europa stark verändern dürfte, und zwar in einer Weise, die modern denkenden Europäern Furcht einflößt, die habe ich vermisst. Dabei ist die höhere Geburtenrate arabischer Frauen doch sicherlich nicht nur eine Frage ihrer Unterdrückung sondern in einem viel breiteren Kontext zu sehen.

Es gibt sicherlich nicht „den“ Islam sondern viele unterschiedliche Strömungen und Auslegungen wie in anderen Religionen auch. Es gibt auch moderne Muslime, die mittlerweile in unserem Kulturkreis zu Hause und wie Prof. Bassam Tibi „Brückenbauer“ sind. Aber ist wirklich zu bezweifeln, dass es ebenso auch einen sehr wirkmächtigen „politischen Islam“ gibt, der auf europäische Bevölkerungen trifft, die sich immer mehr von ihren christlichen Wurzeln entfernen? Wir können es doch jeden Tag lesen, wie jugendliche Muslime aus arabischen Ländern ihre andersartigen kulturellen Vorstellungen leben und durchsetzen. Wenn wir dies nicht sehen und es uns nicht gelingt, dies zu unterbinden, dann werden wir Verhältnisse bekommen wie in den Pariser Vorstädten. Man lese nur einmal Ihren Artikel vom 12. September über Frankfurt a.d. Oder. Das sind doch bereits Verhältnisse wie in einigen französischen Städten. Auch wenn man nicht zu Panikmache neigt, in Teilbereichen ist unser Rechtsstaat offenbar völlig überfordert. Darüber muss es eine Diskussion geben. Unsere freiheitliche Verfassung, zu der zu gelangen wir so lange gebraucht haben, sehen wir offenbar als zu selbstverständlich an.

Die aktuellen Probleme klein zu reden nach dem Motto der TAZ, Bücher wie die von Thilo Sarrazin brauche doch niemand, dem stimme ich nicht zu. Wenn wir es nicht schaffen, darüber zu diskutieren „ohne Schaum vorm Mund“ und nicht auch andere „begründete“ Meinungen wie die von Sarrazin zur Diskussion stellen, dann driftet unsere Gesellschaft immer mehr auseinander. Dann bleibt „Chemnitz“ kein singuläres Ereignis. Mitunter gewinne ich den Eindruck, es gibt nur noch Anhänger einer bedingungslosen Willkommenskultur und alle anderen seien „Rechte“ oder noch schlimmer „Nazis“. Das bringt immer mehr Angehörige der sicherlich übergroßen Mehrheit der Mitte dazu, sich auf die Seite von einer der beiden Extreme zu stellen, ohne dort zugehörig zu sein.

 
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