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Herta Müller in Hamburg - Ausverkaufte Lesung im Grand Elysee

Mit langen Beifall endete die Lesung der Nobelpreisträgerin im vollbesetzten Spiegelsaal des Grand Elysée in Hamburg. Die als Dank für den im Vorjahr im Hamburger Rathaus  verliehenen Hannelore-Greve-Literaturpreis  gedachte Veranstaltung wurde ein äußerst gelungener Auftakt der neuen Reihe "Literatur im Elysée". Eine Kooperation zwischen der Hamburger Autorenvereinigung und dem Grand Hotel.

Sabine Witt, Vorsitzende der Hamburger Autorenvereinigung: "Wir wollen einen zusätzlichen Akzent im Hamburger Kulturleben setzen, und das ist an diesem Abend in eindrucksvoller Weise gelungen. Selten war eine Lesung bei uns so gut besucht wie diese am gestrigen Abend."

Herta Müller las gemäß ihrem Vorschlag  zunächst aus dem Buch "Mein Vaterland war ein Apfelkern", um dann in ein Podiumsgespräch mit Sabine Witt, Prof. Jürgen  Wertheimer (Tübingen) und Prof. Wolfgang Müller-Michaelis über ihre Werke, ihren Impetus zum Schreiben, ihre Weltsicht und ihr Leben einzusteigen. Die Veranstaltung endete mit einer Lesung aus dem Roman "Herztier".

Beim anschließenden Empfang gab es einhelliges Lob. Das fachkundige Publikum faszinierte Sprache und Wortwahl ebenso wie der Vortrag durch die Autorin selbst sowie ihre Persönlichkeit, als sie mit schonungsloser Offenheit ihren Werdegang als Schriftstellerin beschrieb. Sie begriff (und begreift) sich nicht als solche, für sie war Sprache, vor allem die deutsche, eine Flucht aus einer scheußlichen Welt, welche die rumänische Diktatur für die Menschen darstellte. Scheußliche Verhältnisse in der Fabrik, ein Leben ohne Hoffnung, für das die Schönheit der Natur nur eine Metapher für ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Bewohner war. Während manche Menschen Gipfel erklimmen, um ein grandioses Panorama zu genießen, fürchtete die in den Niederungen arbeitende Bewohnerin eben diesen Blick auf ein allumfassendes Drama.

Müller beschrieb  ihr Verhältnis zur gesprochenen und geschriebenen Sprache sehr anschaulich anhand ihrer neuesten Veröffentlichung "Mein Vaterland war ein Apfelkern", ein autobiografischer Text, der aus einem Interview entstanden ist. Der Inhalt musste Stück für Stück in einer Neukonstruktion der literarischen Schriftsprache angepasst werden. Wertheimer beschrieb ihre Bücher als Werke, die nichts Tröstendes enthalten. An manchen Tagen könne man sie einfach nicht lesen und wiederum an anderen Tagen bei veränderter Stimmungslage als Leser geradezu verschlingen.

Gerade die Antworten der Hannelore-Greve-Preisträgerin zu ihrer Person, zu ihrer Arbeitsweise, zu ihren Zweifeln, zu ihren Irrungen und Suchen nach Antworten, die sie auch speziell nur auf sich und ihre Biografie bezog, überzeugten das Publikum. Hier kam die  Kunstschaffende der Sprache authentisch herüber. Der Beifall war lang. Die Messlatte für "Literatur im Elysee" von Beginn an hoch gesetzt. 

 
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