MüMis Bloghouse

Ausgabenpolitik des Staates gehört auf den Prüfstand

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig hat mit seiner Forderung nach einem Sonderhaushalt „Reparatur Deutschland“ eine längst überfällige Diskussion um die staatliche Ausgabenpolitik angestoßen, auch wenn sein konkreter Vorschlag in die falsche Richtung weist. Mit dem gleichen Recht, mit dem er bei den Autofahrern 100 Euro jährlich zur Beseitigung der Straßenschäden und zum Ausbau des Verkehrssystems abkassieren will, könnte den Eltern schulpflichtiger Kinder und den Studenten an Hochschulen die Aufbringung der Finanzmittel zur noch dringlicheren Erneuerung unserer maroden Bildungsinfrastruktur abverlangt werden.

Nimmt man die übrigen fahrlässig unterfinanzierten Infrastrukturbereiche wie äußere Sicherheit, Forschung, Energie- und Telekommunikationsnetze sowie Kitas hinzu, ließe sich die Einrichtung von einem halben Dutzend Sonderhaushalten begründen und damit zugleich die Absurdität derartiger Vorstellungen demonstrieren.

Der eigentliche Skandal, der in der Forderung nach Sonderhaushalten zur Finanzierung wichtiger Staatsaufgaben verborgen ist, liegt in der Offenbarung von Unfähigkeit der politischen Führungen in Bund und Ländern, die kräftig sprudelnden Steuereinnahmen in einem der reichsten Länder der Welt den jeweiligen Ausgabenbereichen in angemessener Prioritätensetzung auch wirklich zuzuführen.

Denn für die Steuereinnahmen des Staates gilt, dass sie nur alternativ entweder zu kurzfristigen Konsumzwecken (überwiegend qua Sozialausgaben) oder zu Infrastrukturinvestitionen zur künftigen Wohlstandsmehrung des Landes ausgegeben werden können. Auch wenn der Sozialstaat immer wieder als Alibi für nachgiebige Bedienung einer vermeintlichen Wählerklientel herhalten muss – eine umsichtige Sozialpolitik darf nicht darin ausarten, dass das verantwortungslose Verfrühstücken des Saatguts zur politischen Dauermode wird.

Schon vor Jahren hat Bundeskanzlerin Merkel die Rechnung aufgemacht, dass für die investiven Staatsausgaben, die für die langfristige Wohlfahrt der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sind, nur noch ein knappes Viertel des Bundeshaushalts bereit steht.

75 Prozent der im Haushalt verfügbaren Mittel sind demgegenüber zu konsumtiven Zwecken, außer für die Ausgaben der Staatsverwaltung in Form von Beamten- und Angestelltengehältern im Sozialbudget, z.B. für Hartz IV gebunden, werden als Zuschüsse für die Rentenversicherung gebraucht, müssen für den anschwellenden Sozialtourismus von innerhalb und außerhalb Europas aufgebracht und schließlich für die Bedienung der Staatsschuld gezahlt werden, deren Verursachung nicht zuletzt in der Dynamik des Sozialstaates liegt.

Nachdem ein ehemaliger Bundeskanzler gegen dieses eklatant strukturelle Ungleichgewicht zwischen investiver und konsumtiver Verwendung der Staatsausgaben mit einer mutigen Kehrtwende zu Felde gezogen war, moderiert die amtierende Bundeskanzlerin wider besseres Wissen (siehe oben) ein desaströses „roll back“ der von der Sache her tatsächlich alternativlosen Agendapolitik.

Begründung: Man halte sich schließlich an den Koalitionsvertrag. Die Frage muss erlaubt sein, warum ein solcher Vertrag eigentlich unterzeichnet werden musste, wo doch dessen Geist und Wortlaut so offensichtlich mit den Grundregeln der Vernunft und den eigenen Einsichten in verantwortliches Staatshandeln kollidiert.

 

 

 
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