MüMis Bloghouse

Der Abschied der CDU von Ludwig Erhard

Vergleicht man die Kanzlerschaft Angela Merkels nach der Ablösung der Regierung Schröder mit der heutigen Führung der Großen Koalition, fällt ein gewichtiger Unterschied ins Auge. Damals, vor fast zehn Jahren, war sie angetreten, die von Gerhard Schröder mutig angestoßene Agenda-Politik nicht nur fortzuführen, sondern ordnungspolitisch wieder auf Ludwig-Erhard-Kurs zu trimmen. Es sei an der Zeit, wie sie vor dem Wirtschaftsrat der Union verkündete, „wieder mehr Markt zu wagen“.

Dass von dieser Zeitansage heute nicht nur keine Rede mehr ist, sondern das genaue Gegenteil umfassender staatlicher Regulierung zum politischen Leitziel erhoben wurde, muss jeden erschrecken, der mit nüchternem Blick versucht, sich ein Bild von der künftigen Entwicklung zu machen.

Irritierend ist nicht nur, dass die Politik des Jahres 2014 von der Umsetzung des Parteiprogramms jenes Koalitionspartners bestimmt wird, der es bei der Bundestagswahl auf 26 Prozent der Wählerstimmen brachte. Unheimlicher ist, dass diese ordnungspolitische Kehrtwende unter Verleugnung des Zielekanons der eigenen Partei offensichtlich mit Ausrichtung auf das Modell einer „Sozialdemokratischen Einheitspartei“ vorangebracht wird.

Dass dieser schleichende Wandlungsprozess der politischen Verhältnisse außer in der Wirtschaftspresse in den meinungsbildenden Medien so wenig Aufmerksamkeit findet, ist sicherlich dem „Sommermärchen“ der Fußballweltmeisterschaft zuzuschreiben, das das nationale Bewusstsein mit berauschenden Erfolgsmeldungen der deutschen Mannschaft in einer außerpolitischen Erlebniswelt am Ende aber doch nur vorübergehend von den großen politischen Verwerfungen ablenkt, die wohl oder übel im „deutschen Herbst der Ernüchterung“ die Tagesordnung wieder bestimmen werden.

Die Themenliste ist lang und voller Explosivkraft: ökologische Preistreiberei in der Energiepolitik, Frühverrentung zu Lasten des Generationenvertrages, Förderung der Schattenwirtschaft durch staatliche Lohnpolitik bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, Rückfall in die Jugendarbeitslosigkeit durch markante Erhöhung der Ausbildungskosten, Verringerung des Angebots an Arbeitsplätzen durch kumulierte Steigerung der Sozialabgaben und Lohnnebenkosten, Einschränkung des Wohnungsbaus durch Mietpreisdeckelung – in der Summe eine massive Ausweitung des Sozialbudgets zu Lasten zukunftssichernder Infrastrukturinvestitionen in Bildung, Forschung, Verkehr und Telekommunikation. Das alles unter dem Motto „Verfrühstücken des Saatguts geht vor, die Zukunft steht ohnehin in den Sternen“. Dort steht wohl auch die Antwort auf die Frage, was das alles noch mit sozialer Gerechtigkeit und sozialer Marktwirtschaft zu tun haben mag.

Der Hinweis der Regierungssprecher, dass diese Politik der Großen Koalition durch zustimmende Meinungsumfragen gedeckt sei, kann nur jene überzeugen, denen die Gesetzmäßigkeiten der Meinungsforschung fremd sind. Ist der aktuell waltende Mainstream der öffentlichen Meinung von den tatsächlich hervorragenden Konjunkturdaten bestimmt, die noch weitgehend Folgewirkungen der früheren marktfreundlichen Agendapolitik sind, kann es nur ein böses Erwachen geben, wenn diese Wohlstandseffekte illusionär in eine Zukunft prolongiert werden, die genau gegenteilig von einer Anti-Agendapolitik bestimmt wird.

Denn kommen erst die Marktkräfte durch den Rundum-Staatsinterventionismus, wie er jetzt von der Großen Koalition initiiert und vom Bundestag beschlossen wurde, zum Erliegen, kann das nach dem Kleinen Einmaleins der Ökonomie nicht ohne negative Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Einkommen bleiben.

Eigentlich bräuchte es nur eines Mindestmaßes an wirtschaftlichem Sachverstand, um diese  Zusammenhänge zu erkennen. An dem aber herrscht der eigentliche nationale Notstand, wenn im Deutschen Bundestag, der Schaltzentrale unserer Zukunft, kaum kompetente Ökonomen sondern mehrheitlich in Wirtschaftsfragen ungebildete Gewerkschaftler, Lehrer und Funktionäre der Sozialverbände sitzen.

 
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